Vom 7. bis 11. April 2025 nahmen wir, Anna Buss, Anne Hensen, Anita Huisjes und Almut Schrovenwever, im Rahmen der Erasmus+-Akkreditierung des Burg-Gymnasiums an einer Fortbildung in Helsinki teil. Durch dieses Programm werden europäische Beziehungen gefördert, der Austausch zwischen Schulen gestärkt und neue Impulse für für den Unterricht geliefert. Unser Kurs widmete sich dem Thema „Outdoor Education“. Ziel war es, den Blick zu weiten und praxisnahe Methoden kennenzulernen, die Lernen außerhalb des Klassenzimmers ermöglichen.
Wir diskutierten, welche Vorteile es bringt, wenn Lernen nicht im Klassenzimmer stattfindet. Dazu betrachteten wir die Grundprinzipien des „Outdoor Learning“, wie zum Beispiel die Verbindung zur Umwelt und Lebenswelt der Lernenden, die Förderung von Kreativität, Teamgeist und Selbstwirksamkeit sowie ganzheitliches Lernen durch Bewegung, Erleben und aktives Handeln. „Learning outside the classroom“ bedeutet dabei nicht nur, Unterrichtsinhalte unter freiem Himmel oder in der Natur stattfinden zu lassen, sondern auch in Museen, Bibliotheken und in anderen öffentlichen Räumen.
In mehreren Sitzungen lernten wir das finnische Bildungssystem kennen, das sich durch die hohe Wertschätzung von „wellbeing“, das Prinzip der Vertrauens- statt Kontrollkultur sowie die konsequente Verankerung von außerschulischen Lernorten im Lehrplan auszeichnet. Typisch für Finnland sind die hohe Autonomie der Schulen, die starke Betonung individueller Förderung und das Vertrauen, das dem pädagogischen Personal entgegengebracht wird. Leistung wird hier anders gedacht: weniger über Notengebung, sondern mehr über Selbstreflexion, individuelle Lernziele und Verantwortung. Die guten Ergebnisse Finnlands in Bildungs- und Glücksstudien zeigen, dass dieser Ansatz erfolgreich ist.
Der Kurs ermutigte uns dazu, diesen Prinzipien mehr Raum zu geben. Konzepte wie „place-based learning“, „adventure learning“ oder „environmental education“ wurden vermittelt und ausprobiert. Highlights der Woche waren der Besuch der Oodi-Zentralbibliothek und des Stadtmuseums. Beide Einrichtungen zeigen, wie öffentliche Orte zu Lernorten nicht nur für Schüler, sondern für alle Bürger werden können. In der Bibliothek erprobten wir kollaborative Lernsettings und erfuhren dabei, dass diese auch als Ort genutzt werden kann, um handwerklichen Tätigkeiten nachzugehen, selbst kreativ zu sein oder sich mit anderen auszutauschen. Zusätzlich kann man dort nicht nur Bücher, sondern auch Dinge wie Basketbälle, E-Gitarren oder Schneeschuhe leihen. Die Bibliothek bietet zudem verschiedenste Aktivitäten an, wie beispielsweise an Workshops teilzunehmen, Schach zu spielen oder Konferenzräume und Tonstudios zu nutzen. Außerdem bot die vorhandene Cafeteria die Möglichkeit, bei einer leckeren „Korvapuusti“ (Zimtschnecke) und Kaffee zu pausieren – und mittags gab es sogar ein warmes Buffet für die Nutzer der Bibliothek.
Im Stadtmuseum wurde deutlich, wie in Finnland Ausstellungen als kreative Anknüpfungspunkte für Menschen aller Altersgruppen genutzt werden. Kinder können dort in Kostümen in die Vergangenheit eintauchen und in einem nachgestellten Klassenzimmer Unterricht wie vor hundert Jahren erleben. Im Anschluss reflektieren sie in moderierten Gesprächen ihre Eindrücke. Darüber hinaus existieren mobile Museumsangebote, sogenannte „travelling suitcases“, mit denen historische Themen in Senioreneinrichtungen gebracht werden, was verdeutlicht, dass Barrierefreiheit und Inklusion in Finnland bei der Konzeption aller Lernorte konsequent mitgedacht werden.
Unsere Exkursionen führten uns auch in die Natur. Auf der vor Helsinki liegenden Insel „Mustikkaama“ probierten wir im Wald unterschiedliche Lernmethoden aus, die die Konzentration, die unmittelbare Wahrnehmung mit allen Sinnen, aber auch das Lernen in Teams fördern. Auf diese Art erlebten wir hautnah, dass effektives und intensives Lernen an jedem Ort stattfinden kann.
Am letzten Tag wurden all diese Erkenntnisse gebündelt, als wir konkrete Lernszenarien für unsere eigenen Fächer entwickelten. Dabei wurde deutlich, dass „Learning outside the classroom“ nicht nur allgemeine, sondern auch fachspezifische Kompetenzen fördert, wenn man die neu gelernten Methoden auf die Inhalte der eigenen Fächer anwendet.
Diese Woche hat uns gezeigt, was das Lernen außerhalb des Klassenzimmers ermöglichen kann: mehr Motivation, bessere Konzentration und mehr Freude am Lernen selbst. Zudem war das in Finnland selbstverständliche Mitdenken verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen für uns im Verlauf der Woche sehr beeindruckend. Es fanden sich in allen Lernräumen, egal ob Wald oder Museum, Dinge, die allen Nutzern Teilhabe ermöglichten. So waren selbst tief im Naturpark noch barrierefreie Wege oder in jedem Museum Lupen zu finden.
Wir nehmen Motivation, viele Ideen und konkrete Umsetzungsmöglichkeiten mit, ob für Projektwochen, Unterrichtseinheiten oder regelmäßige kleinere „Out-of-Class“-Momente. Eine wichtige Erkenntnis für uns ist außerdem, dass „learning outside the classrooom“ nicht aufwändig sein muss, sondern auch mit kleinen Schritten viel erreicht werden kann. Ein wenig Mut zum Ausprobieren gehört dazu, aber es lohnt sich, diesen Raum für Entfaltung zu schaffen.
Text: BSS, HNS, HSJ, SRW